Juli 2005, Granada, 39 Grad Celsius. Schatten spendende Sackleinen-Bahnen überspannen enge Straßen und Gassen. Der Blick richtet sich nach oben - und schon ist die Idee geboren. Gab es da nicht einmal die Diskussion über eine Glasbedachung der Tiengener Fußgängerzone? Mit Hilfe einer Fotomontage der Innenstadt zwischen Rathaus und Marienbrunnen stelle ich der Aktionsgemeinschaft Tiengen mein Konzept einer sommerlich-leichten, künstlerischen Überdachung der Hauptstraße vor, einer "LuftArt". Das Projekt begeistert. Wie bei vorangegangenen Symposien stellen die Stadt Waldshut-Tiengen, die Volksbank Hochrhein und die Aktionsgemeinschaft durch großzügige Unterstützung die Finanzierung sicher. Alle beteiligten Hauseigentümer geben spontan ihr Einverständnis, damit die Gewebebahnen an den Fassaden befestigt werden können. Juli 2006, Tiengen, 36 Grad Celsius. Zwölf Künstlerinnen und Künstler arbeiten unter Schatten spendenden Zelten entlang der Schloßmauer. Freude am Leben, Freude am Feiern und am Festen, Freude an der Begegnung mit Freunden und Fremden - so hat der österreichische Bildhauer Karl Prantl 1959 die Idee des "Symposiums" wieder aufgenommen. Und ganz in diesem Sinne stehen auch die zwölf Künstler von Montag bis Freitag mitten im Leben und lassen jedermann sowohl an Arbeit als auch an Diskussion teilnehmen. Der Weg ist ebenso wichtig wie das Ziel: nicht voneinander isoliert Ideen verwirklichen, sondern gemeinsames Arbeiten am gleichen Ort, mit der selben Aufgabe. Auch wenn jeder individuelle Lösungen anstrebt und realisiert, so ist es doch das Gespräch, die gegenseitige Hilfe und das unmittelbare Teilhaben an der Arbeit der anderen, was zum bestimmenden Gemeinschaftserlebnis wird. Und damit zur Erweiterung des eigenen Horizonts. Welch ein Ereignis ist es schließlich für alle, als die unabhängigen Werke plötzlich in luftiger Höhe ineinander greifen und zueinander in eine einzigartige Beziehung treten! Das - leider nur vorübergehende - südländische Flair in der Innenstadt durch die "LuftArt" wird von Bürgern und Besuchern begeistert aufgenommen. Ich denke, es ist gelungen, beim 4. Kunstsymposium in Tiengen etwas Neues und Ungewöhnliches vorzustellen. Ein Schlüssel zum Gelingen dieses Kunstprojekts ist sicherlich das ehrenamtliche, bürgerschaftliche Engagement ohne große bürokratische Zwänge. An dieser Stelle sei insbesondere Kurt Reckermann gedankt, der in unermüdlicher Weise zum Erfolg dieser Aktion beigetragen hat. Josef Briechle |